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Trends sind keine Insel – Marken aber auch nicht

Marke als Küstenlinie

So wie Kleider stets eine Antwort auf ihre Zeit sind, spiegeln auch Brand Designs gesellschaftliche Strömungen wider. Zwischen digitaler Übersättigung, Retro-Sehnsucht und dem Glanz der Aufmerksamkeit entsteht ein Spannungsfeld, das Marken zwingt, Haltung zu zeigen – ohne sich selbst zu verlieren.

Autorin: Katrin Hasler

«Fashion is not an island, it is a response.» Diesen Satz prägte Amanda Hallay – eine Kultur- und Modehistorikerin. Sie zeigte auf, dass Mode eine Reaktion auf gesellschaftliche Strömungen ist. Ein Beispiel? Die Damenmode der 1940er Jahre wirkte streng und reduziert: gedeckte Farben, klare Linien, wenig Dekor. Die Röcke waren knielang, die Nylon-Naht oft nur aufgemalt, die Schulterpolster von Uniformen inspiriert.

Nicht, weil es einfach «in» war. Stoff war rationiert. Männer waren im Krieg. Frauen arbeiteten in Fabriken. Die Mode war eine Antwort. Auf Politik. Auf Ressourcen. Auf Rollenbilder. In den 1950er Jahren setzte sich dann Diors New Look durch. Er brachte ein Gefühl von Neubeginn, Wohlstand und weiblicher Eleganz mit sich, ganz im Kontrast zur pragmatischen Strenge der Kriegsjahre. Sanfte Farben, verspielte Muster, weibliche Silhouetten – und Frauen passten wieder besser in die Küche als in die Fabrik.

Marken und Moden

Es geht hier aber nicht um Mode – schade eigentlich! –, sondern um Marken. Aber was wäre, wenn wir ihr Design genauso betrachten würden? Nicht als isolierte Stilfrage – sondern als Spiegel unserer Zeit. Und genau da wird’s spannend. Denn: Auch Designtrends sind kein modisches Inselchen. Sie sind ein Echo. Wir leben im Zeitalter der KI. Unsere Feeds sind überfüllt mit perfekten Bildern, generischen Motiven, immer gleichen Hochglanzästhetiken. Und was passiert, wenn alles gleich aussieht?

Wir antworten. Mit Gegentrends.

  • Texturen, die knirschen: Designs zeigen wieder Körnung, Papier, Pinselstrich. Nicht als Filter, sondern als Haltung. Weil wir spüren wollen: Da war ein Mensch.

  • Retro & Nostalgie: Die 90er Jahre kehren zurück. In Memes, in Schriftzügen, in Collage-Ästhetik. Nicht, weil wir zurück wollen – sondern weil wir eine Pause brauchen von der Zukunft.

  • Glow & Glanz: Gleichzeitig feiern andere das Spektakel. Leuchteffekte, Neon, surreale Kompositionen. Weil: Aufmerksamkeit ist die Währung. Und unsere Screens schreien nach Kontrast.

  • Typografie mit Meinung: Schrift fällt auseinander, atmet, bewegt sich. Nicht nur als Gimmick – sondern als Statement. Wie Charles Nix sagt: «Typography is not passive, it reacts.»

All das sind Antworten. Auf digitale Müdigkeit. Auf Tech-Übersättigung. Auf gesellschaftliche Spannungen.

Und jetzt?

Jetzt wird’s spannend für Marken. Denn Branddesign hat ein Dilemma: Es soll sich treu bleiben – und gleichzeitig nicht aus der Zeit fallen. Ist eine Marke eine Insel? Oder ein Felsen? Ich finde: Weder noch. Eine Marke ist wie eine Küstenlinie. Sie hat festen Boden – aber sie lässt Bewegung zu. Selbstähnlichkeit ist hier das Schlüsselwort. Heisst: Wiedererkennbarkeit im Wandel. Ein System, das sich verändert, ohne sich zu verlieren. Die Trends liefern Impulse – aber das Markenfundament entscheidet, wie man antwortet.

Was bedeutet das für Marken?

Trends sind keine Gegner stabiler Markenführung. Sie sind das Wetter. Die Wellen. Die Gezeiten. Gutes Branddesign reagiert darauf – ohne gleich alles umzubauen. Denn eine Marke, die gar nicht reagiert, verliert den Anschluss. Und eine, die jeder Welle folgt, verliert sich selbst. Oder wie Amanda Hallay sagen würde: Design ist keine Insel. Es ist eine Antwort. Und eine gute Antwort beginnt mit Zuhören.

Übrigens: Seit dem letzten Jahrtausend – genauer gesagt seit den frühen 1990er-Jahren – hat es in der Mode keine wirklich neuen Erfindungen mehr gegeben. Stattdessen wiederholen sich die Trends in Zyklen von 20 bis 30 Jahren, heute durch Social Media sogar noch deutlich schneller. Subkulturen wie Punk, Disco oder Hip-Hop, die einst ganze Generationen von Designerinnen und Designer inspirierten, werden inzwischen sofort kommerzialisiert und haben kaum noch die Chance, sich eigenständig zu entfalten. Grosse Modeinnovationen entstehen zudem meist in Zeiten gesellschaftlicher Krisen oder Umbrüche. Bleibt also die Frage: Wann erleben wir den nächsten radikalen Wandel in der Mode?

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