Blog – Interview mit Felipe Gomez de Luis | ruby. ag

«Marken leben nicht von dem, was sie versprechen.»

Felipe Gomez de Luis im Interview

Felipe Gomez de Luis im Interview

Interviewerin: Katrin Hasler

Felipe, du hast einen ziemlich langen Titel. Was machst du bei der VP Bank?

So ziemlich alles, was man unter Marketing und Client Experience versteht. Unter meiner Verantwortung stehen die Themengebiete Branding, Marketingkommunikation, Digitales Marketing inklusive UX/UI-Design, Sponsoring, Eventmarketing und Client Experience. Gemeinsam mit meinem starken Team entwickeln wir Markenerlebnisse, die sich wesentlich von anderen Playern in der Finanzbranche unterscheiden und treiben die Marke strategisch voran.

Für alle, die sie nicht kennen: Kannst du in einem Satz sagen, was die VP Bank besonders macht?

In einem Satz schaffe ich es wahrscheinlich nicht. Aber zwei Sätze bekomme ich hin. Wir sind die drittgrösste Bank in Liechtenstein und haben unsere Wurzeln im Intermediärgeschäft. Dank unseres Know-hows im professionellen Geschäft können wir auch vermögende Privatkundinnen und -kunden mit grenzüberschreitenden und komplexen Vermögensbedürfnissen partnerschaftlich bedienen.

Die zentrale Gestaltungsidee eures Markenauftritts heisst Clarity. Was bedeutet das?

Das Markendesign der VP Bank steht für Klarheit, Einfachheit und die Reduktion auf das Wesentliche. Dabei ist die Nutzererfahrung in den digitalen Medien genauso wichtig wie bei haptischen Erzeugnissen wie Broschüren, Karten oder Kundengeschenken. Modulare Elemente ermöglichen zielgruppengerechte Kommunikation und schnelle Reaktionen auf aktuelle Banking-Themen. Wesentliche Elemente des Designkonzepts «Clarity» sind designstarke Illustrationen, die als Instrument zur Vermittlung der Markenbotschaften eingesetzt werden. Der gesamte Auftritt ist modern, einfach und digital erlebbar.

Welche Herausforderungen hattet ihr damit am Anfang und wie gelingt es euch, die Marke laufend weiterzuentwickeln?

Ich erlebe immer wieder, dass Markenverantwortliche sich als Verteidiger ihrer Marke sehen und die von einer Markenagentur festgelegte Corporate Identity niemals hinterfragen. Das führt irgendwann dazu, dass die Marke sichtlich altert und es unausweichlich zu einem Rebranding kommen muss. Dies kann wiederum zu einer Markenverwässerung führen. Auch wir waren von dieser Grundhaltung nicht ganz befreit und sahen uns im Jahr 2017 gezwungen, ein Marken-Refresh vorzunehmen. Ein vollständiges Rebranding war aber nicht notwendig. Seither erfolgt unsere Markenarbeit nach dem eigens definierten «Stay Fresh»-Ansatz, wobei die Marke kontinuierlich in kleinen Schritten aufgefrischt und an die aktuelle Unternehmensstrategie angepasst wird.

Das Logo der VP Bank zeigt einen «unrunden» Kreis, der für individuelle Lösungen steht. Wie übersetzt ihr dieses Symbol konkret ins Kundenerlebnis?

Wir nutzen nicht nur den «unrunden» Kreis als sogenannte «Shape», sondern auch viele weitere geometrisch nicht korrekte Formen. In der Designwelt wird diese Ästhetik oft mit dem Wabi-Sabi-Stil in Verbindung gebracht. Dieser aus Japan stammende Lebensstil steht für die Schönheit einfacher, unvollkommener Dinge. Und genau das wollen auch wir verkörpern. Es ist unmöglich, von Hand einen geometrisch perfekten Kreis zu zeichnen. Genau das übersetzen wir in die Kundenerfahrung an allen Touchpoints. Wir sind nicht maschinell, dafür umso massgeschneiderter. Wir sind nicht perfekt, dafür umso persönlicher. Und damit stehen wir für echte Partnerschaft.

Ihr verfolgt eine erweiterte Single-Brand-Strategie mit Sub-Brands wie VP Fund Solutions. Wie haltet ihr da die Balance zwischen einheitlichem Auftritt und Differenzierung?

Eine Differenzierung ist gar nicht notwendig. Das Einzige, was sich zwischen der Tochtergesellschaft VP Fund Solutions und dem Mutterhaus VP Bank unterscheidet, ist das Logo. Ansonsten teilen wir die gleichen Werte. Es wäre daher vollkommen falsch, eine andere Designsprache dafür zu wählen.

Mir kommt es vor wie gestern: Ihr habt 2019 eine Audio-Branding-Strategie lanciert. Wie kam es eigentlich dazu? Und wart ihr damals Vorreiter?

Wir sind wahrscheinlich keine Vorreiter, aber wir gehören sicherlich zu den Early Adopters in der Finanzbranche. Bis 2019 haben wir uns bei jedem Videoprojekt stundenlang mit der Auswahl von passendem Royalty Free Sound beschäftigt, der sich von der Masse unterscheidet. Als Musik-Afficionado und leidenschaftlicher Klavierspieler konnte ich dieses typische Corporate Motivational Gedudel noch nie leiden und hatte immer den Anspruch eigenständig zu klingen. Das hat mich und mein Team dazu veranlasst, uns intensiv mit dem Thema Klang zu beschäftigen. Mit der Soundagentur Toniq – damals noch Department of Noise – haben wir die perfekte Partnerin für die Entwicklung unserer Sound Identity gefunden.

Mit welchen Zielen seid ihr gestartet – und wie hat sich der Ansatz seitdem weiterentwickelt?

Unser Hauptziel bestand darin, die starke visuelle Positionierung auch in die Klangwelt zu übertragen. Um das zu erreichen, wollten wir die wesentlichen Markenattribute auch in der Klangwelt erlebbar machen – und das an möglichst vielen Kontaktpunkten. Gestartet sind wir mit der Entwicklung unserer Klang-DNA. Sie diente als Basis, um verschiedene Sound Dimensionen zu schaffen. Daraus haben wir drei verschiedene Ausprägungen abgeleitet: Drive, Minimal und Classy. Später kam noch die Ausprägung Mental dazu. Diese können beliebig nach der Stimmung der jeweiligen Kommunikationsinhalte eingesetzt werden. Mittlerweile nutzen wir praktisch alle Disziplinen des Audio Brandings. Unser Repertoire umfasst UX/UI-Sounds, eine weibliche und männliche Corporate Voice, ein Streaming-Radio für Events mit einer VP Bank gerechten Klangwelt, einem Motion-Toolkit, soundunterlegte Telefonansagen und natürlich die Königsdisziplin: unser unverwechselbares Audio-Logo, das aus drei Tönen besteht – ganz im Sinne von «Clarity».

Eure Sound Identity basiert auf den Attributen Clarity, Future-driven, Confidence und Twist. Wie hört sich das in der Praxis an? Vorsingen gilt nicht.

Wir klingen äusserst selbstbewusst und modern. Aber nicht trendy, denn das ist vergänglich. Unsere Klangwelt unterscheidet sich stark von der aller anderen Akteure in der Finanzbranche und nutzt nicht die typischen Muster kommerzieller Corporate Sounds. Dadurch erhält der Sound den notwendigen Twist und gibt dem Ganzen eine unverkennbare Charakterstärke.

KI-Tools können heute Inhalte generieren oder personalisieren: Welche Chancen siehst du für Marketing und Kundenerlebnisse – und wo liegen die Stolpersteine?

KI steigert die Effizienz enorm. Die Content-Produktion ist aufwändig, gleichzeitig wird die Welt immer schnelllebiger. Ohne den Einsatz von KI-Tools ist es bei gleichbleibenden Personalressourcen kaum mehr möglich, mit dieser Taktfrequenz Schritt zu halten. Wenn man es richtig macht, stärkt der Einsatz von KI sogar die Markenwahrnehmung, statt sie zu verwässern. Dazu müssen aber klare Leitplanken definiert werden, sonst kann es ausufern. Wer denkt, KI ersetze die Kreativität, liegt meiner Meinung nach falsch. Richtig eingesetzt, dient sie eher als Kreativitätsbooster.

Nutzt Ihr bei der VP Bank schon KI? Falls ja: wie konkret?

Ja, auch da gehören wir zu den Early Adopters. Wir nutzen KI für die Bildgenerierung bei schnelllebigem Content wie zum Beispiel in der internen Kommunikation. Zu diesem Zweck haben wir Markenrichtlinien definiert, die als Input für Text-zu-Bild-Modelle dienen. Mittels ausgeklügelter Methoden kann der Stil unserer Illustrationen und Studiofotografien auf KI-Modelle übertragen werden. Für die weitere Optimierung stehen KI-basierte Tools für die Nachbearbeitung zur Verfügung. Wir sehen KI-generierte Bilder dabei als Ergänzung und nicht als Ersatz bisheriger Kreationsmethoden. Wir nutzen KI auch für die Übersetzung und Anpassung der VP-typischen Stilistik von Texten. Zudem setzen wir KI auch für die Suchmaschinenoptimierung ein. Seit kurzem generieren wir auch einfache Videos wie auch Animation mit KI.

Illustration zur VP Bank – KI Visualisierung Beispiele von KI-generierten Illustrationen der VP Bank gemäss ihren Brand Guidelines.

Wie stellt ihr sicher, dass Markenidentität und Emotionalität auch in KI-gestützten Inhalten nicht verloren gehen?

Kreativität ist nicht nur bei Gestaltungsaufgaben gefragt, sondern auch beim Erstellen von wirklich guten Prompts. Ohne eine starke Bildidee, wird die KI keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefern. Um die Markenkonformität in der Bild- und Illustrationswelt zu wahren, nutzen wir smarte Pre- und Post-Prompts sowie Referenzbilder, die den generierten Bildern den richtigen Spin geben. Eine Alternative für den schnelllebigen Einsatz von Bildern sind Stockfotos. Meiner Meinung nach sind diese viel stärker von der Markenwelt entfernt. Bei der Generierung von Texten binden wir ebenfalls stilistisches Referenzmaterial mit ein, um in der Markenwelt zu bleiben.

Wie bist du eigentlich zu deinem Beruf gekommen?

In meiner Jugend wollte ich Grafikdesigner werden. Dummerweise gab es in ganz Liechtenstein nur drei Lehrstellen. So habe ich mich dann für den kaufmännischen Weg entschieden. Die Leidenschaft für gutes Design ist aber stets geblieben. Ich habe damals die Chance genutzt und mich als Assistent im Bereich Marketing & Corporate Development beworben – und die Stelle erhalten. Von da an habe ich mich beruflich bis zur jetzigen Position weiterentwickelt.

Welche Stationen in deinem Werdegang haben dich am stärksten geprägt – und was hat dich zur Markenführung gebracht?

Meine Leidenschaft für gute Ästhetik und Kommunikation mit Schlagkraft ist entscheidend für meinen Werdegang. Ich kenne keine andere Berufsgattung, in der ich diese Leidenschaft so intensiv ausleben kann. Am prägendsten war die Mitgestaltung eines Rebrandings und eines Brand-Refreshes bei der VP Bank. Seit 20 Jahren erstelle ich Geschäftsberichte. Diese nutzen wir, um uns auch gestalterisch weiterzuentwickeln. Wenn dort etwas besonders gut funktioniert, dann übertragen wir Elemente davon in die Markenwelt. Offensichtlich machen wir auch vieles richtig, denn wir liegen seit Jahren immer wieder unter den Top 3 des Schweizer Geschäftsberichte-Ratings. Ich durfte viele Strategieperioden miterleben und an der strategischen Positionierung der Bank mitarbeiten. In diesem Jahr haben wir unseren Purpose angepasst und daraus einen neuen Claim geformt: Partnerschaft, die voranbringt. Auch das war ein Highlight für mich, denn es spiegelt die Grundhaltung der Bank seit ihrer Gründung wider.

Was möchtest du uns mit auf den Weg geben? Worauf sollten wir achten?

Marken leben nicht von dem, was sie versprechen – sondern von dem, was sie auslösen.

Über Felipe Gomez de Luis

  • Head of Group Marketing & Client Experience bei VP Bank
  • Hobbykoch: Mit Hang zu spanischer Küche und grossem Appetit
  • Weinliebhaber mit schön ausgebautem Weinkeller: Hauswein Astrales
  • Tastenklimperer: Mit 5 Jahren angefangen Klavier zu spielen, 1 Jahr Konservatorium besucht und dann entschieden, doch Geld zu verdienen
  • Indie-Rocker und Electro-Afficionado: Hört derzeit Rüfüs du Sol
  • Technik-Nerd: Muss-Haben-Syndrom bei den neusten Gadgets
  • Pixelschubser: Erkennt von blossem Auge, ob Gestaltungselemente um einen Pixel verschoben sind

Website besuchen: vpbank.com

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